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Exzesse des Marktes? Nein, des Staates!
Frau Merkel hat heute betont, dass der Staat eingreifen müsse, um Exzesse des Marktes zu verhindern. Schon vor einem halben Jahr hat Deutsche Bank-Chef Ackermann den Staat gebeten, den Banken zu helfen. Von Lafontaine bis Friedrich Merz - die gesamte politische Klasse applaudiert der Regierung mehr oder weniger und hält das 500-Mrd-Euro-Rettungspaket für die Banken für alternativlos. Was ist passiert, dass alle angeblichen Marktradikalen und Neoliberalen zu Sozialisten mutiert sind?
Nun, in Wirklichkeit ist der Unterschied zwischen Sozialisten, Keynesianern und Neoliberalen gar nicht so groß. Die Sozialisten bilden sich ein, der Staat könne das gesamte ökonomische Leben einer Gesellschaft planen und per Dekret zum Laufen bringen. Die Keynesianer sehen große Teile der Wirtschaft in staatlicher Hand und halten den Staat mittels seiner antizyklischen Ausgabenpolitik für den großen Steuermann des kleinen Restes an privater Wirtschaft. Die Neoliberalen sehen zwar den Markt als Schauplatz der ökonomischen Entwicklung an, meinen aber, dass der Staat diese erschaffen, lenken und wieder abwürgen kann. Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie quasi als "Sozialingenieure" meinen, an wirtschaftlichen Prozessen nach Belieben herumbasteln können und auch müssen, da der Markt kalt, gierig und unsozial sei. Doch das Ergebnis dieses Bastelns ist gerade die jetzige Krise, deren Ursache dem Markt untergeschoben wird.
Inzwischen haben Staatsanwälte begonnen, gegen Banker zu ermitteln. Dabei spielt der Vorwurf der "Untreue" eine große Rolle. In der Tat beginnt die Untreue bereits, wenn ein Sparer sein Geld zur Bank bringt, diese jedoch die Spareinlage bis auf eine Mindestreserve (von derzeit 2%) als Kredit weiter verleiht und so den Geldbetrag vervielfacht. Umso größer wird das "Spielgeld", wenn der Kreditnehmer sein Geld wieder einzahlt und der Betrag (bis auf die Mindestreserve) ein weiteres Mal als Kredit verliehen wird. Dieses Weiterverleihen einer auf Treu und Glauben zur Aufbewahrung gegebenen Einlage geschieht jedoch im Einklang mit den vom Staat erlassenen Gesetzen. Die staatstreue Wirtschaftstheorie nennt den Vorgang beschönigend "Geldschöpfung". Nicht die eher laue Prüfung des Risikos einer Kreditvergabe ist der Skandal, sondern die Gewissheit der Banker, dass der Staat (in Form der Europäischen Zentralbank) ihnen im Falle, dass der ursprüngliche Einleger und die vielen Kreditempfänger alle auf einmal ihr Geld abheben wollen, unbegrenzt Liquidität zur Verfügung stellt (wofür die Bank dann nur den Diskontsatz zahlen muss). Genau das ist das Problem - der Staat vermehrt das Geld, indem er tendenziell jedem, der welches braucht, welches gibt. Würden Banker für die Spareinlagen in vollem Umfang haften, würden sie eine Mindestreserve von 100% halten und nur solches Geld verleihen können, welches ihnen der Sparer ausdrücklich an die Hand gibt, um es zu investieren - in vollem Bewusstsein des Risikos.
Ein zweites Problem stellt der Zinssatz dar. Um die Geldmenge zu steuern, senkt oder erhöht die Zentralbank den Zinssatz, den die Banken bezahlen müssen, um Geld zu beschaffen, wenn das Geldschöpfen zusätzliche Barmittel erfordert. Da der Zinssatz nicht vom Markt gebildet, sondern vom Staat festgelegt wird, kann er auch nicht die über den Markt vermittelte Zeitpräferenz der Menschen vermitteln. Grundsätzlich ist den Menschen die Gegenwart wichtiger als die Zukunft, hat Konsum heute einen höheren Wert als Konsum morgen, ist also der Verzicht auf Konsum, also Geld, heute nur dann zu ertragen, wenn heute verliehenes Geld morgen um den Betrag größer ist, um den dem Verleiher der heutige Konsum dieses Geldes mehr wert ist als der morgige. Dies drückt der natürliche Zins aus (neben der Risikobewertung des Geldverleihers und seinen Dispositionskosten). Bei höherer Zeitpräferenz der Menschen ist der Zinssatz größer, bei niedrigerer geringer. Eine Verringerung der Zeitpräferenz drückt aus, dass die Erwartungen an den morgigen Konsum besser werden. Dieses Signal interpretieren Unternehmer als Aufruf zu Investitionen in Produktionsprozesse, die morgen größere Konsumgüter ausbringen als heute. Wird nun der Zinssatz nicht durch den Markt gebildet, ist das Signal falsch - die Unternehmer investieren in die Erhöhung des Angebotes an Konsumgütern, die Nachfrage ist jedoch geringer. Der an sich funktionierende Marktmechanismus wird vom Staat an der Nase herumgeführt und führt zu einem Investitionsexzess, zur Fehlallokation knapper Ressourcen, die ohne Staatseingriff zu ganz anderen Zwecken eingesetzt worden wären.
Der gewachsenen Geldmenge steht auf der anderen Seite eine noch nicht gewachsene Menge Waren gegenüber. Die Preise müssten an sich steigen, da aber das durch Geldschöpfung vermehrte Geld zunächst bei den Investitionsgüter in den Kreislauf eingebracht wird, steigen zunächst die Preise für Investgüter, erst später dann aufgrund der Nachfrage nach Arbeitskräften die Löhne in diesem Teil des Wirtschaftssystems und erst allmählich steigen die Konsumgüterpreise. Schließlich landet es über die Gewinne wieder im Finanzsektor und verstärkt dort die Suche nach Anlagemöglichkeiten. Sind diese erschöpft landet das Geld in der spekulativen Sphäre - Aktienpreise steigen, die Spekulation mit interessanten Gütern wie Öl nimmt zu usw.. Aktuell gibt es eine Kumulation der Geldmenge in Immobilienkrediten. Dass in der jüngsten Zeit dann alle möglichen "Produkte" und eben auch solche "Derivate" wie die Subprimes entstanden sind, die der Spekulation weitere Betätigungsfelder eröffnen, ist nicht das eigentliche Problem. Unternehmerisches Handeln ist immer Spekulation - auf zukünftige Nachfrage. Das Problem ist höchstens, dass der Staat hier mit Gesetzen und seiner Finanzaufsicht Garantien vorgaukelt und das subjektiv wahrgenommene Risiko begrenzt und im aktuellen Falle sogar willkürlich tatsächlich nahezu ganz auffängt. Der Markt als Mechanismus der Vermittlung unterschiedlicher Interessen funktioniert aber nur dann, wenn die Gefahr des Scheiterns auch tatsächlich eintreten kann.
Die aktuelle Krise bedeutet, dass die verschiedenen Marktteilnehmer nach und nach begriffen haben, dass die staatlichen Versprechen gar nicht haltbar sind und dass die aufgrund des staatlichen Einflusses verzerrten Marktsignale zu unternehmerischem Fehlhandeln geführt haben. Wenn also Banker einander nicht mehr trauen, dann handeln sie marktkonform und beweisen, dass der unterdrückte Marktmechanismus wieder zu wirken beginnt. Warum sollte ein Banker einem anderen Geld geben, wo dieser doch mit faulen Krediten bald pleite gehen kann? Diese allmählich beginnende kaufmännische Vernunft ist dem Staat gar nicht recht! Wo die Krise des Staates beginnt, fangen die Politiker auf den Markt zu schimpfen. Ihr verzweifelter Versuch, die Banker wider besseren Wissens dazu zu bringen, einander wieder zu trauen, zeigt, dass es nicht darum geht, Exzesse des Marktes in Ordnung zu bringen, sondern die Vernunft des Marktes wieder mit Staatsexzessen platt zu machen!
Die Staatsanwälte - auch Teil des Staates - werden natürlich die verbrecherische Rolle des Staates niemals aufdecken. Sie werden einzelne Unternehmer verfolgen, so willkürlich wie alles staatliche Handeln ist, und vielleicht den einen oder anderen Mittäter und Profiteur staatlichen Eingreifens in den natürlichen Gang der Dinge zufällig erwischen. Doch die eigentlichen Haupttäter, die "Gutmenschen", die sich vom Publikum für ihre Rettungsaktionen vor den Folgen ihrer eigenen Schandtaten feiern lassen, werden davon kommen!
zum Portal | Text diskutieren | verfasst von sadie am 15.10.2008